Relevante Normen:
§§ 280, 705, 730, 731, 734, 745, 812, 816, 823, 959, 1008 BGB
Entscheidung:
LG Arnsberg Urteil vom 02.03.2017 – 1 O 151/16
Vorstellung:
Das LG Arnsberg entschied darüber, wem (von den Teilnehmern einer Feriengruppe) der Gewinn eines Gewinnspiels aus einem Kronkorken einer Bierflasche im Ergebnis zusteht, wenn nur einer den vorübergehend weggelegten Kronkorken alleine für sich einlöste.
Sachverhalt:
Die Klägerin, der Beklagte und drei weitere Personen verbrachten ein gemeinsames Wochenende in einer Ferienwohnung. Sie wollten am Ende des Wochenendes alle Ausgaben zusammenrechnen, gleichmäßig aufteilen und entsprechend abrechnen. Im Vorfeld der angetretenen Reise kaufte eine Person der Gruppe zwei Kästen Bier für das Wochenende ein. Zum Ende des gemeinsamen Umtrunks in der Ferienwohnung öffnete ein Teilnehmer der Reisegruppe dem Beklagten eine Flasche Bier und warf den Kronkorken ohne größere Beachtung auf den Tisch. Danach wurde „ordentlich“ angestoßen. Danach bemerkte der Beklagte, dass der Kronkorken den Gewinnercode eines von dem Bierhersteller ausgerichteten Gewinnspiels enthielt. Er löste den Gewinn alleine ein. Die Klägerin – eine andere Teilnehmerin der Feriengruppe – forderte nun einen Anteil an dem Gewinn.
Rechtliche Bewertung:
Zunächst beschäftigte sich das Gericht mit einem möglichen Anspruch der Klägerin aus §§ 734, 730, 731 i.V.m 705 ff. BGB. Es kam aber zu der Überzeugung, dass kein Gesellschaftsvertrag im Sinne der §§ 705 ff. BGB geschlossen wurde. Insbesondere fehle es an den dahingehenden Willenserklärungen, gemeinschaftlich an einem Gewinnspiel zur Erhöhung der Gewinnchancen teilzuhaben. Zumal es die Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB nicht zuließ, einen entsprechenden Rechtsbindungswillen auf einen gemeinsam verfolgten (Gesellschafts-) Zweck anzunehmen. Etwas Gegenteiliges ergab sich auch nicht durch das gemeinsam verbrachte Wochenendes der Beteiligten im Rahmen einer Ferienreise.
Darüber hinaus diskutierte das Landgericht zutreffend den Ersatzanspruch aus §§ 745 Abs. 2 BGB i.V.m. 280 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB aus den Vorschriften über die Bruchteilsgemeinschaft.
Die Bruchteilsgemeinschaft sei ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen den Teilhabern nach den Grundsätzen von Treu und Glauben i.S.d. § 242 BGB, welches gemäß § 745 Abs. 2 BGB unter anderem das Recht jedes Teilhabers auf eine billige und angemessene Verwaltung und Benutzung gemeinsamen Miteigentums begründe. Bei Verletzung dieses Rechts kämen insbesondere Entschädigungsansprüche aus §§ 823 Abs. 1, 280 Abs. 1 BGB in Betracht.
In Bezug auf den vorliegenden Fall stellte das Landgericht Arnsberg zunächst fest, dass eine Miteigentumsgemeinschaft i.S.d. §§ 741ff. BGB begründet worden sei. Die Bierkästen wurden für die Reisegemeinschaft erworben. Dies sollte im Rahmen des gemeinschaftlichen Umtrunks allen Beteiligten zugute kommen.
Eine Eigentumsaufgabe gemäß § 959 BGB durch das Wegwerfen des Korkens sei nicht ersichtlich. Das Landgericht begründete dies damit, dass ein einzelner Teilnehmer einer Reisegruppe nicht einseitig einen Verzicht für die gesamte Bruchteilsgemeinschaft erklären könne. Vielmehr bedürfe es eines Beschlusses aller Teilhaber, welcher aber im konkreten Einzelfall gerade nicht vorgelegen habe. Zumal sich der in Rede stehende Kronkorken auch noch für alle Beteiligten in greifbarer Nähe befand. Die gleichermaßen erforderliche Besitzaufgabe würde nicht vorliegen.
Insoweit verletzte die Einlösung des Kronkorkens auch das oben genannte Recht i.S.d. § 745 Abs. 2 BGB. Der Beklagte wollte den Gewinn für sich alleine behalten und die anderen Teilhaber von dieser (Gewinn-) Möglichkeit ausschließen. Aufgrund der Möglichkeit der Gemeinschaft, einen Treuhänder zur Geltendmachung der Gewinnansprüche zu beauftragen, stünde diesem Ergebnis auch nicht entgegen, dass die Gewinnspielbedingungen eine „natürliche Person“ als Gewinner vorschrieben. Als Rechtsfolge dieser Rechtsverletzung wurden gemäß §§ 745 Abs. 2 i.V.m. 280 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB die Schadensersatzpflicht beziehungsweise gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB die Pflicht zur anteiligen Herausgabe der eingetretenen Bereicherung des Beklagten festgestellt.
Fazit:
Ein gemeinsamer Wochenendtrip mit oder in einer Reisegruppe führt noch nicht – auch nicht durch schlüssiges Verhalten – zur Annahme eines Gesellschaftsvertrages i.S.d. §§ 705 ff. BGB. Jedoch kann gegebenenfalls eine Bruchteilsgemeinschaft vorliegen. Daraus ergeben sich im Einzelfall die Rechtsfolgen der §§ 741 ff. BGB. Wirft ein einzelner Teilnehmer einer Bruchteilsgemeinschaft einen Kronkorken weg, liegt darin noch keine Eigentumsaufgabe gem. § 959 BGB.